Ein Stuhl für die wichtigste Person im Raum – NEHMEN SIE PLATZ!

Ich war gerade bei einer Kollektionsbesprechung bei einem meiner Kunden (nennen wir ihn Müller-Collection). Soeben haben wir ein paar richtig gute Artikel aus der Kollektion geschmissen: Die Bluse aus dem Trendmaterial Organza musste raus. Das Oberteil mit den Puffärmeln „DER Fashiontrend auf Instagram“: Ebenfalls raus. Der Wickelrock musste leider gehen und der Blazer mit überlangen Ärmeln und extremen Schulterpolstern ebenfalls. Artikel, in die viel Arbeit investiert wurde und auch Geld. Muster sind ja schließlich nicht umsonst. Wir haben diese Artikel nicht abgeändert oder irgendwie noch hingedeichselt. Nein, wir haben diese Artikel komplett rausgenommen.

Moment mal. Richtig gute Artikel? Rausgenommen? Wieso das denn, fragen Sie jetzt sicherlich.

Weil wir bei der Besprechung gemerkt haben, dass all diese Teile exakt GAR NICHTS mit der Kundin von Müller-Collection zu tun haben. Ja, es waren gute Designs, innovative Materialien und hochmodische Schnitte. Allesamt voll im Trend.

Aber nur weil etwas im Trend ist, muss es noch nicht für unseren Kunden richtig sein.

Wenn Sie glaubhaft sein wollen als Marke und erfolgreich im Abverkauf, dann dürfen Sie nicht jeden Trend blind mitmachen. Im Gegenteil. Überlassen Sie das den Vertikalen, die ohnehin schneller und billiger sind als Sie! Stattdessen sollten Sie genau darauf schauen, was IHR Kunde eigentlich bei Ihnen sucht. Was IHREN Kunden inspiriert aber nicht modisch überfordert oder gar lächerlich aussehen lässt.

Wie können Sie herausfinden, welcher Trend für Ihre Kunden in Frage kommt? Wie erkennen Sie, ob die Auslegung eines Trends richtig ist oder vielleicht ein bisschen „zu drüber“ für Ihre Kundin?

So geht´s: Stellen Sie sich Ihre Kundin genau vor.

  • Wie sieht sie aus?
  • Was würde Ihre Kundin denken, wenn sie dieses Kollektionsteil anziehen würde?
  • Würde sie sich wohl fühlen? Schön? Anziehend?
  • Oder würde sie sich irgendwie komisch vorkommen, sich verkleidet fühlen?

Am besten ist, Sie stellen sich diese Fragen zu Beginn der Kollektionserstellung, d.h. bevor die Muster im Hause sind.

Wenn Sie auf der Messe sind oder Ihr Sortiment zusammenstellen, lassen Sie sich nicht blenden, von all dem Mode-Zauber, den Modells, den Influencern bzw. all den modebewussten Leuten um Sie herum. Versuchen Sie sich Ihre „echten“ Kunden ins Gedächtnis zu rufen. Die, die nicht unbedingt Idealmaße haben und die, mit normalem Budget. Idealerweise ist Ihre Kundin sogar anwesend. Zumindest im übertragenden Sinne. Wie meine ich das?

Achtung: Jetzt kommt das böse Wort… AMAZON 😉  (Ja, ich weiß, dass nicht jeder meiner Leser auf Amazon gut zu sprechen ist)

Aber im Ernst: Halten Sie es wie Jeff Bezos, der Gründer von Amazon. Er gründete sein Unternehmen 1994 in Seattle als Internetbuchhandlung. Die Wahnsinns-Entwicklung dieses Unternehmens haben wir erlebt. Amazon ist schon lange nicht mehr nur Online-Händler. In einem Interview antwortete Bezos auf die Frage, was Amazon denn nun eigentlich für eine Firma sei (Tech-Unternehmen? Einzelhändler?) mit dem Satz: „Wir sind eine Customer Company. Ein Unternehmen im Dienst des Kunden.“. Und so denkt und handelt Amazon auch. Extrem kundenzentriert.

Jeff Bezos ist aber nicht einfach nur kundenorientiert. Er ist von seinen Kunden besessen. Und bei seinen Mitarbeitern berüchtigt für seinen „Kreuzzug für die Kunden“. Von Anfang an las Bezos mit großer Begeisterung E-Mails von Kunden. Auch nach zweieinhalb Jahrzehnten ist das noch so. Unaufgeforderte Verbesserungsvorschläge von Kunden haben Priorität und selbst E-Mails von verärgerten Kunden findet er großartig, weil sie schonungslos und ehrlich sind.

Und jetzt kommt etwas, was ich wirklich genial finde:
Wenn Jeff Bezos in ein Meeting geht, nimmt er einen zusätzlichen Stuhl mit in den Besprechungsraum. Es ist ein Stuhl mit hoher Symbolkraft. Dieser Stuhl bekommt einen eigenen Platz am Konferenztisch und ist reserviert für die wichtigste Person im Raum: Den Kunden.

Dieser Stuhl bedeutet für jeden Teilnehmer des Meetings: Lass uns mal die Perspektive wechseln. Was würde unser Kunde jetzt denken? Wie würde er das finden? Hätte er einen echten Vorteil von dem, was wir uns gerade ausdenken?

Ein leerer Stuhl als Erinnerungsstütze („Für wen machen wir das eigentlich?“) – Das finde ich großartig!

Überlegen Sie mal:

  • Können Sie diese Technik auf Ihr Unternehmen oder Ihren Bereich übertragen?
  • Wie schaffen Sie es, dass ihr Kunde mit am Tisch sitzt, wenn Sie Sortimentsentscheidungen treffen?
  • Interessiert ihn das? Ist es relevant für Ihren Kunden?

Ich sage Ihnen, das ist bei der Sortimentsfindung und Kollektionserstellung extrem hilfreich. Egal ob Sie Ihre Retouren-Quote senken wollen, über den richtigen Verkaufspreis eines Produkts nachdenken, das nächste Event oder die kommende Marketingmaßnahme planen:
Was würde unser Kunde jetzt sagen, wenn er mit am Tisch säße?

Wenn Sie ihre Sortimente planen, kann der Stuhl helfen, die richtigen Schnitte auszuwählen und den richtigen Verkaufspreis zu bestimmen.
In der Vorbereitung für Ihre Verkaufsargumente, kann der Stuhl helfen, gute Argumente zu sammeln, auf mögliche Einwände zu reagieren und Fragen Ihres Kunden zu beantworten. Um maßgeschneiderte Marketingmaßnahmen zu entwickeln, kann Ihnen der Stuhl helfen, die richtigen Formulierungen zu finden…

Was würde unser Kunde sagen, wenn er mit am Tisch sitzen säße?

Und während ich diesen Text schreibe, frage ich mich:
Welche Gedanken, welche Impulse nehmen Sie jetzt mit? Was denken Sie?…

Übrigens:

In meinen Seminaren „Ein Stuhl für den Kunden“ und „Modemethode® Persona Konzept“ beschäftigen wir uns damit, wer genau auf dem Stuhl sitzt. Wie diese Person tickt, was sie sich wünscht und was nicht. Und wir beschäftigen uns damit, wie Sie richtig gute Sortimentsentscheidungen treffen – für mehr Abverkäufe und weniger Reste.
Hier können Sie mehr lesen!

P.S.:
Für einen ganz schnellen Perspektivwechsel schauen Sie sich doch mal dieses 2-minütige Video an!